Don Pedro Calderón und «Das Grosse Welttheater»
PEDRO CALDERON DE LA BARCA (1600-1681)
Der spanische Dramatiker Pedro Calderón de la Barca wurde am 17. Januar 1600 in Madrid geboren, wo er am 25. Mai 1681 auch starb. Calderóns Dramen gelten als Höhepunkt des spanischen Barocks. In ihnen wird ein christliches Weltbild propagiert, das auf das Jenseits gerichtet ist.
Calderón stammte aus einer Hidalgo-Familie, d.h. er gehörte zur Mittelklasse, genoss aber adlige Privilegien. Pedro durfte eine Jesuitenschule besuchen, wo er in humanistisch-theologischem Denken unterrichtet wurde. Von 1614 bis 1620 studierte er in Alcalá de Henares und Salamanca Theologie und Jura ohne abzuschliessen. In den nächsten Jahren kam er einige Male mit der Justiz in Konflikt, verlor jedoch nie die Gunst Philipps IV., der ihn 1635 zum Leiter des Hoftheaters ernannte und ihn 1637 zum Ritter schlug. Von 1640 bis 1642 nahm er am Katalonienfeldzug teil. Als er 1650 zum Priester geweiht und vom König zum Hofkaplan ernannt wurde, war er finanziell abgesichert. Auch als Geistlicher verfasste er weiterhin Dramen.
Calderón schrieb in erster Linie für die gebildete Elite des Hofes und die mit Theatermaschinen und illusionsförderndem Prunk ausgestattete Palastbühne. Für sie verfasste er auch komplexe mythologische Festspiele und entwickelte die Comedia weiter zur opernhaften Zarzuela. Das Fronleichnamsspiel, das sogenannte Auto sacramental, führte er zu seiner ganz von der Neoscholastik geprägten poetischen Vollendung. El gran teatro del mundo gehört zu den Fronleichnamsspielen mit philosophisch-theologischem Hintergrund.
DAS GROSSE WELTTHEATER VON PEDRO CALDERON DE LA BARCA
Der Meister eröffnet das Spiel und erschafft die Welt als Bühne. Auf eine Frage der Welt erklärt ihr der Meister den Sinn der Schöpfung: «Um meine Kraft und Herrlichkeit zu preisen» (S. 6). Die Menschen dürfen auf der Bühne agieren, der Meister verteilt die Rollen und dirigiert. Die Welt stellt zwei Türen auf, die mit Geburt und Tod beschrieben sind.
Nun werden die Rollen verteilt. Der Meister meint, würde er die Menschen fragen, jeder wollte doch herrschen, also verteilt er die Rollen nach eigenem Gutdünken. Der Reiche freut sich über seinen Reichtum, der Bettler ist beleidigt, dass er trotz gleicher Seele ein ungleich anstrengenderes Los bekommt. Der Meister tröstet ihn, im Tod wären beide wieder gleichgestellt. Der Name des Stücks ist «Tue recht - Gott über euch» (S. 18). Die Welt holt die Menschen ab und rüstet sie aus: Der König erhält eine Krone, die Schönheit Blumen, der Reiche Gold und Silber, der Weise eine Kutte, der Bauer einen Spaten, das Kind nichts, und dem Bettler werden selbst noch seine Kleider genommen. Auf der oberen Bühne schaut sich der Meister das Stück an, auf der unteren Bühne beginnt die Vorstellung.
Das Gesetz der Gnade stellt das Leitmotto für alle Personen vor; neben dem bereits eingeführten «Tue recht - Gott über euch» kommt noch die Nächstenliebe hinzu. Als erstes treten die Schönheit und der Weise auf. Die Schönheit will den Weisen locken, doch der zieht sich lieber zurück, um Gott zu preisen. Als nächstes treten der Reiche und der Bauer auf, der selbst reich werden möchte und eine sozialkritische Rede hält, dass doch immer die Ackerleute alles bezahlen müssten. Der Bettler und der Reiche hören beide das Gesetz: Während es den Bettler tröstet, findet es der Reiche langweilig. Der Bettler bittet um Almosen, doch der Reiche und die Schöne geben ihm nichts, der König verweist auf seinen Minister, der Landmann meint, er solle besser arbeiten, nur der Weise schenkt ihm ein Stück Brot. Der König möchte zugleich auch noch weise und schön sein, doch eine Stimme ruft ihn ab. Die Schönheit prahlt über ihr ewiges Reich, doch wird auch sie sogleich weggerufen. Als nächstes muss der Bauer gehen. Der Reiche und der Bettler unterhalten sich; während der Reiche es sich gut gehen lässt, ist der Bettler verzweifelt. Die Stimme ruft beide weg: Der Bettler freut sich, dem Reichen gefällt es gar nicht. Zuletzt bleibt der Weise zurück, doch auch er muss sterben, wenn auch die Kirche bestehen bleibt.
Die Gestorbenen werden von der Welt empfangen, wo sie ihre weltlichen Besitztümer abgeben müssen, da alles nur geliehen war. Der König gibt seinen Purpur zurück, die Schönheit hat ihre Reize im Grab zurückgelassen, der Landmann gibt seinen Spaten ab, nur der Weise kann seine guten Werke behalten; die kann ihm die Welt nicht abnehmen. Der Meister lädt den Bettler und den Weisen ein, mit ihm zu speisen. Den König, die Schönheit und den Landmann schickt er ins Fegefeuer, den Reichen aber in die Hölle. Der Reiche und der Bettler haben ihre Rolle getauscht: der Bettler steht nun über dem Reichen.